Philipp Rutberg entwickelte das neue Verfahren zur Müllbeseitigung. Russische Wissenschaftler haben ein umweltfreundliches und wirtschaftliches Verfahren zur Müllverarbeitung entwickelt. Aber den zuständigen Behörden kommen Müllhalden billiger.

Die Abfälle werden in der Anlage in ihre Moleküle zersetzt und verwandeln sich in ein harmloses Gas. Foto: ITAR-TASS
 

Pro Jahr fallen in Russland ungefähr 40 Millionen Tonnen Müll an – das sind 285 Kilogramm pro Kopf (zum Vergleich: Ein Deutscher produziert etwa 583 Kilo Müll im Jahr). Zehn Prozent der Abfälle kommen aus Moskau, wo vier Müllverbrennungsanlagen stehen. Obwohl sie nur ein Viertel der Abfälle beseitigen, wurde der Bau neuer Anlagen verboten - die Reinigung der Luft von den Verbrennungsprodukten ist zu teuer.

„Auch moderne Anlagen verbrennen den Müll bei rund 600 Grad. Trotz Filter breiten sich die schädlichen Verbrennungssubstanzen (Furane und Dioxine) im Umkreis von 20 Kilometern aus, die Anzahl der Krebserkrankungen ist in diesen Gebieten um ein Vielfaches höher“, erzählt Igor Lasarew, Vizechef von Plasma HIT. 

Sein Unternehmen entwickelt und produziert Anlagen zur Müllverarbeitung, die mit alternativen Niederdruckplasmaverfahren arbeiten. Die Abfälle kommen in bis zu 1500 Grad heiße Öfen. Bei dieser Temperatur werden sie in ihre Moleküle zersetzt und verwandeln sich in ein harmloses Gas. Positiver Nebeneffekt der Plasmaverbrennung ist die Energieerzeugung: Die auf 12 000 Tonnen Müll pro Jahr ausgelegte Anlage generiert vier Megawatt Strom, wobei die Hälfe von der Anlage selbst aufgebraucht und der Rest ins öffentliche Netz eingespeist wird.

 

Innovation aus der Sowjetzeit

Das Verfahren ist nicht neu. Bereits Anfang der 1970er-Jahre kamen Wissenschaftler vom Institut für Elektrophysik der Russischen Akademie der Wissenschaften unter der Leitung von Philipp Rutberg 

Philipp Rutberg entwickelte das neue

Verfahren zur Müllbeseitigung.

Foto: ITAR-TASS

darauf, als sie nach Möglichkeiten suchten, biologische Kampfstoffe und Giftmüll gefahrlos zu entsorgen. Letztes Jahr gründeten Rutberg und seine Sponsoren Plasma HIT, das die Exklusivrechte am Vertrieb dieser Technologie in Russland und den GUS-Staaten inne hat.

Mit Rutbergs Technik läuft bereits eine Anlage in der Nähe von St. Petersburg, zwei weitere werden bei Smolensk und auf dem Gelände des Innovationszentrums Skolkowo gebaut, wo das Unternehmen auch seinen Sitz hat. Künftig soll der gesamte Energiebedarf der Forschungsstadt von einer Plasmaschmelzanlage von etwa vier Megawatt Leistung gedeckt werden.

 

Umweltfreundlich und lukrativ 

Eine solche Anlage kostet etwa sieben Millionen Euro, eine konventionelle das Fünfzehnfache - bei gleicher Leistung. Dennoch stößt die neue Technologie kaum auf Interesse: „Es gibt bei uns einfach zu viele Flächen, die für Müllhalden freigegeben wurden. Die Abfälle zu verbuddeln bleibt leider die billigste Variante der Entsorgung“, sagt Lasarew, der von den Regionalbehörden etliche Absagen erteilt bekam.

Unterirdische Müllager sind in Russland weit verbreitet. Allein im Moskauer Umland gibt es zwölf Großdeponien mit einer Gesamtfläche von ungefähr 600 Hektar. Die Kapazität einer Deponie von 50 bis 60 Hektar reicht hier in der Regel drei bis vier Jahre.

„Die Entscheider scheint es nicht zu interessieren, dass sich im Laufe der nächsten 70 Jahre diesen Deponien niemand nähern, geschweige denn in deren Umfeld wohnen kann, ohne Schaden zu nehmen“, sagt Lasarew.

Dennoch: Um nicht irgendwann im Müll zu ersticken, müssen die russischen Politiker sich neue Entsorgungskonzepte einfallen lassen -wenn sie denn endlich von umweltbewussteren Bürgern dazu getrieben werden.

 

russland-heute.de